Flächen mehrfach nutzen

Veröffentlicht am 05.06.2022
Dieses Wissen wurde gestiftet von:
Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.
Kuratiert von Dr. Anna Braune

Potenziale mitdenken: Die Checkliste unterstützt Bauherren und Planer, sich im Planungsprozess frühzeitig mit Aspekten der Mehrfachnutzung auseinander zu setzen. Ziel ist das Offenhalten künftiger Nutzungsoptionen. Und dies für Neubauten wie für Umbauten gleichermaßen.

Hintergrundwissen

Die Möglichkeit, ein und dieselbe Fläche flexibel oder von Mehreren gemeinsam beziehungsweise im Lauf der Zeit auf unterschiedliche Weise zu nutzen, ist keine neuartige Idee, sondern im Alltag akzeptiert und verbreitet. Und sie findet immer mehr Anhänger. Denn: Flexible Nutzungen und Nutzungsoptionen verringern den Flächenverbrauch und ermöglichen eine intensivere Nutzung des Gebäudebestands.

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Weitere Inhalte zum Thema finden Sie auch im Lernbaustein „Alles bleibt im Kreislauf“.

Teile und nutze!

Die Mehrfachnutzung von Flächen kann sich auf verschiedene Gebäude- und Raumtypen beziehen. Eine Motivation zur flexiblen Nutzung speist sich aus unterschiedlichen ökonomischen, ökologischen und soziokulturellen Aspekten, die sich durchaus überlagern können.

  • Bei gemeinschaftlicher Infrastruktur und Versorgungsflächen werden Küchen oder Sanitäreinrichtungen aus Effizienzgründen nur einmal angelegt. Pflege und Instandhaltung können unter den Nutzern aufgeteilt werden
  • Auch bei Gewerbeflächen hat sich aus Effizienzgründen eine gemeinschaftliche Nutzung bestimmter Flächen etabliert. So gibt es etwa in Shopping-Centern neben den vermieteten Ladenlokalen in der Regel eine Mall als Gemeinschaftsfläche, die Gastronomieangebote und Versorgungsflächen zur Verfügung stellt
  • In Gewerbegebieten werden nicht nur Kantinen, Kindertagesstätten oder die vorhandene Infrastruktur geteilt, häufig existieren auch übergeordnete Konzepte für die Logistik und die Energieversorgung
  • Im privaten Umfeld werden schon lange ausgewählte Flächen geteilt, beispielsweise Küchen, Gärten und Aufenthaltsräume in Wohngemeinschaften, Studentenwohnheimen oder Mehrgenerationenhäusern
  • Die gemeinschaftliche Nutzung von Flächen fördert soziokulturelle Kontakte; längere Nutzungszeiten und eine höhere Vielfalt beleben das Quartier und ermöglichen einen stärkeren Austausch mit dem gesellschaftlichen Umfeld

Innovative Konzepte

Dazu kommt eine Vielzahl innovativer Mehrfachnutzungs-Konzepte, die bereits umgesetzt werden. Beispielsweise Coworking Spaces mit integriertem Café oder temporäre Dienstleistungsangebote wie etwa Repair Cafés, die ihr Geschäftsmodell auf Basis von Kurzzeit-Mietverträgen starten.

Info

Der Fokus gesellschaftlichen Handelns verschiebt sich – weg vom Besitzen hin zum Teilen von Flächen und Gütern!

Die Potenziale der Mehrfachnutzung im Überblick

Ökologisch
• Geringerer Flächenverbrauch, Verdichtung
• Zunehmende Energieeffizienz
• Reduktion von CO,-Emissionen
• Reduktion von Ressourcen

Achtung

Diese Potenziale bestehen nur, sofern sich durch die Mehrfachnutzung tatsächlich eine Verringerung der individuell genutzten Fläche einstellt. Dem können jedoch Rebound-Effekte entgegenwirken (s. u.).

Ökonomisch

  • Kostenersparnis für Nutzer durch höhere Auslastung der Flächen und durch Teilen der Infrastruktur
  • Intensivierung der Nutzung von Gebäuden und Flächen und damit einhergehende Gewinne für Anbieter
  • Neue Standortqualitäten durch Belebung und Durchmischung des Quartiers und durch Erweiterung der Nutzungsdauern
  • Entstehung neuer Märkte
  • ereinfachung des Markteintritts für neue Akteure


    Soziokulturell
  • Stärkere Vernetzung der Gesellschaft und Förderung der Kooperation
  • Zunehmende Identifikation der Nutzer mit der gebauten Umwelt und dem direkten gesellschaftlichen Umfeld durch stärkere Teilhabe
  • Nutzungsmöglichkeiten für finanzschwache Akteure
  • Stabilität durch Durchmischung

Reallabor Space Sharing – ein Forschungsprojekt

Wie geht man mit dem leerstehenden Gebäudebestand einer Stadt um? Dieser Frage stellte sich das Forschungsprojekt „Reallabor Space Sharing“ im Herzen der Stuttgarter Innenstadt. Projektleiter Prof. Matthias Rudolph von der Fachgruppe Architektur der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart: „Ziel war es, eine effizientere Nutzung von innerstädtischen Flächen durch Mehrfachnutzung zu erreichen“.

Die Forschungsergebnisse, umgesetzte Circular-Economy-Aspekte sowie Handlungsempfehlungen finden Sie im Handbuch „Space Sharing – one Space fits all

Das Projekt wurde im Rahmen des Landesprogramms „Stärkung des Beitrags der Wissenschaft für eine nachhaltige Entwicklung“ vom Ministerium für Wissenschaft und Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert. Zudem konnte das Team mit dem „Reallabor Spacesharing“ die erste DGNB Sustainability Challenge gewinnen.

Fazit

Nicht nur die Forschung – immer mehr Planer und Bauherren, Bauherrengemeinschaften und Immobilienbesitzer sowie immer mehr Mieter und Pächter erkennen die Vorteile: Flexible Nutzungen und Nutzungsoptionen verringern den Flächenverbrauch und ermöglichen eine intensivere Nutzung des Gebäudebestands.

Dieses Wissen wurde gestiftet von:

Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.
2007 gegründet, ist die DGNB heute mit über 2.000 Mitgliedsorganisationen Europas größtes Netzwerk für nachhaltiges Bauen. Ziel des Vereins ist es, Nachhaltigkeit in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu fördern und im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit zu verankern. Mit dem DGNB Zertifizierungssystem hat die unabhängige Non-Profit-Organisation ein Planungs- und Optimierungstool zur Bewertung nachhaltiger Gebäude, Innenräume und Quartiere entwickelt, das dabei hilft, die reale Nachhaltigkeit in Bauprojekten zu erhöhen. Dabei fußt das DGNB System auf einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsverständnis, das die Umwelt, den Menschen und die Wirtschaftlichkeit gleichermaßen einbezieht. Über die Fort- und Weiterbildungsplattform DGNB Akademie wurden zudem bereits rund 8.000 Personen in 45 Ländern zu Experten für nachhaltiges Bauen qualifiziert.

Kontaktanfragen richten Sie bitte an: E-Mail: a.braune@dgnb.de Telefon: +49 711 722322-0