Neben Effizienz und Konsistenz braucht es Suffizienz-Maßnahmen, um Klimaneutralität zu erreichen. Das heißt: weg von “Viel hilft viel” und hin zu einem maßvollen, also suffizienten Umgang mit Ressourcen.
Mit Hilfe der „Bewertungsmatrix Suffizienz für Wohngebäude“ können Sie die wesentlichen Suffizienz-Eigenschaften während des Planungsprozesses bestimmen und optimieren. Der kostenlose Download umfasst sieben Themenfelder mit 23 Kriterien und 58 Indikatoren. Ergänzt wird es um eine ebenfalls kostenlos zur Verfügung gestellte Übersicht.
Bei der Entwicklung des Kriterien-Sets standen eine möglichst objektive Bewertbarkeit bzw. Quantifizierbarkeit sowie die Handhabbarkeit im Planungsprozess im Fokus, weshalb an vielen Stellen auf bestehende Bewertungsmethoden aus den Zertifizierungssystemen DGNB und NaWoh zurückgegriffen wird. Übersicht und Matrix entstanden im Rahmen einer Masterarbeit zum Thema „Bewertbarkeit und ökobilanzieller Einfluss von Suffizienz in Gebäudebereichen“, eingereicht von Patrick Zimmermann an der TU München, 2018.
Der Handlungsdruck im Gebäudesektor zur Erreichung der Klimaneutralität und weiterer Nachhaltigkeitsziele ist enorm. Bisher konzentrierten sich die Bestrebungen in Politik, Forschung und Praxis auf bessere Wärmedämmung (Effizienz) und den Einsatz von erneuerbaren Energien sowie nachwachsende Rohstoffe (Konsistenz). Diese rein technischen Strategien reichen jedoch nicht aus.
Es sind unter anderem Rebound-Effekte, die die Wirksamkeit der technischen Strategien mindern. Seit Jahrzehnten steigt beispielsweise die Pro-Kopf-Wohnfläche [1] aufgrund kleinerer Haushalte, mehr Eigentum und dem Empty Nest-Effekt. Wie die untenstehende Grafik zeigt, kompensiert der erhöhte Raumbedarf die durch Effizienz und Konsistenz erzielten Einsparungen [2].
Dazu kommt: Die beiden technischen Lösungsstrategien werden nicht ambitioniert genug umgesetzt und die Zeit zur massiven Reduktion der Treibhausgasemissionen drängt mittlerweile so sehr, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen.
Als komplementäre Ergänzung der technischen Strategien kommt die Suffizienz ins Spiel. Sie setzt auf Verhaltensänderungen, „die helfen, innerhalb der ökologischen Tragfähigkeit der Erde zu bleiben, wobei sich Nutzenaspekte des Konsums ändern“ [3]. Ziel ist eine absolute Minimierung der ökologischen Auswirkungen bei angemessener Lebensqualität.
Rein technische Energieeinspar-Strategien reichen nicht aus. Wir müssen unsere Ansprüche und unser Verhalten anpassen. Und mit den Ressourcen maßvoll umgehen. Die gute Nachricht: Suffizienz kann jeder!
Für den Gebäudebereich „bedeutet das vor allem einen wertschätzenden, bedürfnisorientierten und umweltschonenden Umgang mit dem Vorhandenen, das heißt Flächen, stofflichen und natürlichen Ressourcen sowie bestehender Bausubstanz“ [4].
„Daraus folgt, dass es eine Entscheidungskaskade geben muss. Diese sieht in der 1. Stufe Bestandserhalt und -erneuerung vor. Erst wenn die objektiv nachgewiesenen funktionalen, energetischen und gestalterischen Anforderungen nicht mehr im erneuerten Bestand erfüllt werden können, wird es in einer 2. Stufe um eine Bestandserweiterung gehen können. Und erst, wenn auch eine Bestandserweiterung den genannten Anforderungen nicht genügen sollte, kann in einer 3. Stufe in Zukunft ein Neubau als „ultima ratio“ stehen“ [5].
Selbst wenn die technischen Ansätze der Effizienz und Konsistenz konsequent ausgeschöpft wären: Die Klimaneutralität im Bausektor wird damit allein nicht erreicht. Ohne eine Änderung der Ansprüche und eine höhere Wertschätzung gegenüber dem Vorhandenen geht es nicht. Suffizientes Handeln bedeutet nicht Verlust von Lebensqualität, sondern eine Änderung der Prioritäten.