Unsere Städte sind mit gewaltigen klimatischen Herausforderungen konfrontiert. Damit eine positive Klimaentwicklung in den Städten gelingen kann, müssen aber auch wir Menschen umdenken und unsere Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen anpassen. Wir stellen Ideen und konkrete Maßnahmen vor.
Auf Mikrostrategien setzt Prof. Matthias Rudolph, Professor für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Entwerfen in der Fachgruppe Architektur, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Hier der Vortrag im Youtube-Video:
Video-Vortrag: Transformation is the answer, but what was the question?
Das Klima-Ganze in den Blick nehmen Paul Eldag, Leiter Baulandentwicklung, Niedersächsische Landgesellschaft mbH, Rolf Messerschmidt, Architekt und Stadtplaner bei Eble Messerschmidt PartGmbB, und Gerhard Hauber, Geschäftsführender Partner bei Ramboll Studio Dreiseitl Überlingen, gemeinsam mit Wissensstiftungsvorstand Dr. Christine Lemaitre. Die Runde fragt: „Wie müssen wir unser Leben und unser Verhalten verändern, damit unsere Städte lebenswerte Orte bleiben?“ Hier die Diskussion im Youtube-Video:
In unseren Städten wird es immer wärmer. Auch wenn sie geographisch immer am gleichen Ort bleiben werden, so rücken sie klimatisch in immer wärmere Gebiete vor. Unsere Städte stehen also da, wo sie stehen, und für sie brauchen wir Lösungen.
Hier setzt das Forschungsprojekt "Convertible Urban Shades – Mikroklimastrategien zur Anpassung an den Klimawandel" an. Die Idee dahinter ist, im Sommer tagsüber den Straßenraum zu verschatten, um diesen dann nachts zu öffnen und auf diese Weise zu einer effizienteren Abkühlung der Stadt beizutragen.
Die Idee ist nicht neu, gerade in südlichen Ländern sind lokale Verschattungen traditionell verbreitet. Neu sind jedoch die Materialien, mit den die Verschattung realisiert werden soll. Es gibt Lowtech-Lösungen textile Strukturen und Hightech-Lösungen wie wandelbare Membrandächer, die nach Bedarf angepasst werden können. Neben der Beschaffung der Materialien und deren Widerstandsfähigkeit bei extremen Wetterlagen müssen bei der Planung auch Themen wie Reinigung und Unterhalt beachtet werden.
Eine lokale Verschattung schafft in Städten lebenswerte Zwischenräume, in denen sich die Bewohner und Besucherinnen während extremer Hitze aufhalten können. Neben textiler Verschattung sind auch Bäume eine sinnvolle Einzelmaßnahme. Sie spenden nicht nur Schatten, unter ihrem Blattwerk herrscht auch eine deutlich angenehmere Oberflächentemperatur.
„Bäume und textile Verschattung sind an einzelnen Plätzen realisierbar und dort gezielt gut für das Mikroklima. Wir schaffen Cool-Spots in der Stadt, die es allen Bewohnern möglich macht am städtischen Leben teilzunehmen.“
Extreme Hitze – extreme Kälte: Sobald wir von Extremen persönlich betroffen sind, rücken diese in den Fokus unserer Aufmerksamkeit. Und dann? Reagieren wir mit schnellen, jedoch nicht unbedingt nachhaltigen Lösungen. Das müssen wir ändern!
Zu berücksichtigen bei Verschattungsvorhaben ist das subjektive Empfinden, das je nach Saison unterschiedlich bewertet wird – während einer Hitzewelle sind wir eher bereit über entsprechende Maßnahmen nachzudenken und diese Vorschläge zu akzeptieren als im Winter. Selbstverständlich ist das Wohnumfeld bei städtischen Maßnahmen zu berücksichtigen. Laut Paul Eldag, Leiter Baulandentwicklung, Niedersächsische Landgesellschaft mbH, und Teilnehmer an der im Video vorgestellten Diskussionsrunde „Wie sollen wir morgen leben?“, spielt es eine Rolle, ob man sich im städtischen oder im kommunalen Umfeld bewegt: „Die Kommunikation mit allen Beteiligten ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg oder Misserfolg von klimatischen Anpassungen im Außenraum.“
Mikroklimastrategien sind wichtig. Jedoch lässt sich eine grundlegende Veränderung des Stadtklimas durch gezielte Einzelmaßnahmen alleine nicht erreichen. Es bedarf übergreifender Konzepte und Verhaltensänderungen.
Lange Hitze- und Trockenperioden im Wechsel mit Starkregen – die rasanten klimatischen Veränderungen verlangen von den Städten und Kommunen komplexe und übergreifende strategische Lösungen. Eines der Handlungsfelder, um die Folgen abzufedern, stellt die Transformation der Städte in sogenannte Schwammstädte dar. „Schwammstädte sind in unseren Infrastrukturen machbar, bringen aber viele Herausforderungen mit sich“, betont Rolf Messerschmidt, Architekt und Stadtplaner bei Eble Messerschmidt PartGmbB. „Wir müssen Flächen neu definieren, klug überlegen, wo Bäume und Pflanzen wirklich eine gute Lösung sind und wie wir die bereits gebauten Gebäude in diese Maßnahmen intergieren“, so Rolf Messerschmidt zu weiteren Handlungsfeldern. Essenziell sei vor allem der Umgang mit dem Thema Wasser. „Themen wie Grauwasserrecycling, und vor allem auch eine neue Kreislaufführung von Wasser, müssen in den Fokus dieser Überlegungen rücken“.
Aus diesem Grund fordert Gerhard Hauber die Integration einer hydraulischen Gesamtbetrachtung und zwar ab Planungsbeginn. Denn dann, wenn wir Wasser brauchen, sei es oftmals nicht in den erforderlichen Mengen verfügbar, Stichwort Regenwasser. Der Geschäftsführende Partner bei Ramboll Studio Dreiseitl, Überlingen, setzt auf Grauwasser: Es sei immer verfügbar und ermögliche resilientere Wasserkreisläufe.
Wasserarme Pflanzen, sprich Pflanzen, die ohne künstliche Bewässerung auskommen, sind für Hauber ein weiteres logisches Ziel. „Doch das ist nicht so einfach umzusetzen. Pflanzen sind vor allem in den Städten mit extremen Anforderungen wie der Bodenbeschaffenheit oder den Schadstoffen durch Abgase konfrontiert. Zudem haben Pflanzen und Bäume oft keine Zeit, sich in Ruhe zu entfalten“.
„Viele Maßnahmen, die wir heute schon angehen oder in Zukunft angehen werden, ergeben am Ende das Bild Nachhaltigkeit“ bilanziert Paul Edlag und unterstreicht: „Wir müssen um Akzeptanz werden, wenn es um Klimaanpassungen in Kommunen und Städten geht. Die Bürger fordern mehr, wollen mehr und das ist ein wichtiger Schritt“.
Kommunikation und Partizipation sind der Schlüssel beim Stadtumbau, das betont auch Rolf Messerschmidt. „Das Thema Klima muss mehr ins Bewusstsein rücken, nicht nur dann, wenn es akut ist, denn dann entstehen nur schnelle Lösungen, aber keine nachhaltigen“.
Kennen Sie schon unseren Wissensbaustein "Maßnahmenplan zur Energieeinsparung"? Hier erhalten Kommunen und Gemeinden Checklisten mit Einsparpotenzialen in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität, die sich kurz- bis mittelfristig realisieren lassen.
Was sich ändern muss? Kommunen und Städte müssen die Themen Klimaneutralität und Klimaanpassungen ganzjährig im Fokus haben und bei wichtigen Schritten die Bürger mitnehmen. Die Stadt Kopenhagen hat vorgemacht, dass und wie das geht. Hilfestellungen gibt hier die Initiative „Klimapositive Städte und Gemeinden“ der DGNB, die für gelebte Nachhaltigkeit, konkreten Klimaschutz und mehr Lebensqualität in Kommunen steht.